Die hohe Kunst der Zahnerhaltung
Wenn Zähne richtig „nerven“, also tief im Inneren schmerzhaft entzündet sind, müssen sie noch lange nicht gezogen werden. Dr. med. dent. Sabine Kusche M.Sc. erklärt, wie mit den modernen Methoden der Wurzelkanalbehandlung selbst stark geschädigte Zähne gerettet werden können.
Sie verursachen die schlimmsten Zahnschmerzen: entzündete Nerven. Aber wie kommt es eigentlich dazu? Schmerzempfindliche Zähne, die auf heiße oder kalte Reize reagieren, sind oft erste Anzeichen für eine Infektion, die unbehandelt den Zahn absterben lässt und sich auf den gesamten Organismus auswirken kann: die Pulpitis. Ursache ist meist eine tiefe Karies, die sich bis zum Zahnmark im Wurzelkanal mit seinen empfindlichen Nerven und Blutgefäßen vorgearbeitet hat. Denn unter der harten Schale, dem Zahnschmelz, hat jeder Zahn einen weichen und höchst empfindlichen Kern: Sind durch Bakterien in diesen Kern, die Pulpa, eingedrungen, kann sich das Gewebe im Zahnmark entzünden und über die Wurzelkanäle bis in den Kieferknochen ausbreiten. Dann bleiben meist nur zwei Auswege: Den Zahn zu ziehen oder eine professionelle Wurzelbehandlung durchzuführen.
Eine endodontische Therapie ist also eine reelle Chance, Zähne vor der Zange zu retten?
Früher wurde bei einer Zahnwurzelentzündung tatsächlich das Übel direkt an der Wurzel gepackt, sprich der ganze Zahn gezogen. Heute stehen uns moderne Materialien und Techniken zur Verfügung, die es uns in vielen Fällen ermöglichen, Entzündungen des Zahnmarks effektiv und nahezu schmerzfrei zu behandeln und wertvolle eigene Zahnsubstanz zu erhalten.
Was wird bei einer Wurzelkanalbehandlung gemacht?
Ziel der Behandlung ist die vollständige Entfernung von Bakterien und abgestorbenem Gewebe aus dem betroffenen Areal. Dazu müssen nach der Öffnung der Zahnkrone die Wurzelkanäle bis in die kleinste Verzweigung sorgfältig gesäubert werden. Da die feinen Kanäle im Inneren eines Zahnes mit bloßem Auge meist kaum zu erkennen sind, arbeiten wir mit modernen Hilfsmitteln wie der digitalen Röntgentechnik, Elektrometer zur exakten Längenbestimmung und Vergrößerungshilfen, um auch die verwinkeltesten Wurzelkanäle aufzufinden
und gründlich zu reinigen. Dazu setzen wir sehr feine Geräte ein, die gerade einmal so dick wie ein Haar und sehr flexibel sind. Danach wird der Kanal mit antibakteriellen Lösungen gereinigt, um die Bakterien abzutöten. Je nach Entzündung und Zahnstruktur können mehrere Sitzungen notwendig sein, um wirklich alle Bakterien zu beseitigen. Erst dann wird die Zahnwurzel mit einem mit einem biokompatiblen Naturmaterial, der sogenannten Guttapercha, bakteriendicht abgeschlossen.
Das klingt, als wäre die Therapie mit großem Aufwand verbunden. Wie sinnvoll ist so eine Behandlung?
Für uns geht Zahnerhalt vor Zahnverlust. Deshalb ist die professionelle Wurzelbehandlung so wichtig: Denn auch wenn sie sehr aufwendig und zeitintensiv sind, bieten endodontische Maßnahmen doch meist die einzige Alternative zu einer Entfernung eines erkrankten Zahns. Und der Erhalt eigener Zahnsubstanz ist durch keine, und sei sie noch so hochwertig, künstliche Prothethik zu ersetzen